Das Sind Wir
6. November 2021

Paula

Vice President Procurement und Leiterin des Bereichs Inorganics and Catalysts bei Evonik wird Deine Meinung über Einkauf und Beschaffung ändern.

Worauf kommt es an, wenn man Rohstoffe im Wert von jährlich mehr als 1 Milliarde Euro beschafft? Wie herausfordernd und vielfältig diese Tätigkeit ist und auf welche Aspekte es dabei ankommt, erzählt uns Paula Ramirez-Weyershausen. Sie ist Vice President of Procurement und Leiterin des Bereichs Inorganics and Catalysts bei Evonik. Paula schildert uns die sieben wichtigsten Dinge im Zusammenhang mit Rohstoffbeschaffung im 21. Jahrhundert, die Du vermutlich noch nicht wusstest:  

1. Procurement ist strategisch 

Das bedeutet, Du erarbeitest Strategien für jeden Rohstoff, Du beobachtest kontinuierlich Märkte und Lieferanten sowie Deine Mitbewerberinnen und Mitbewerber, Du antizipierst die zukünftigen Bedürfnisse der operativen Einheiten und analysierst die Auswirkungen von neuen Technologien, Recycling und Nachhaltigkeit. Ein Beispiel: Bis zum Jahr 2025 möchte Evonik die weltweiten Scope 1 und 2 Kohlenstoffemissionen um insgesamt 50%, und die Scope 3 Emissionen, die im Wesentlichen Rohstoffe betreffen, um 15% senken.  

Alle Evonik Business Lines benötigen die unterschiedlichsten Rohstoffe, um daraus Evonik-Produkte herzustellen, die bei unseren Kunden einen Mehrwert schaffen. Auf Rohstoffe entfallen rund 60% der jährlichen Ausgaben des Evonik Einkaufs. Das heißt, wie wir Rohstoffe beschaffen, hat einen enormen Einfluss auf die Profitabilität unseres Geschäfts. 

Darüber hinaus ist Risikomanagement ein wesentlicher Bestandteil der strategischen Beschaffung. Wir gewährleisten, dass alle Produktionsanlagen von Evonik in 26 Ländern der Erde sicher und kontinuierlich mit allem versorgt werden, was sie brauchen – jederzeit und zu den bestmöglichen Kosten.  

2. Procurement ist global  

Evonik Procurement ist eine global gebündelte Einheit mit regionalen Hubs. Flache Hierarchien sorgen für hohe Effizienz und für Sichtbarkeit der Einkäuferinnen und Einkäufer und dies nicht nur bei internen Geschäftseinheiten und Lieferanten, sondern auch in den verschiedenen Regionen. Ressourcenallokation und Best-in-Class-Sourcing gelingt nur mit einer globalen Lieferantenbasis. Das heißt, Du musst gegenüber anderen Kulturen aufgeschlossen sein: An einem Tag sprichst oder verhandelst Du mit chinesischen, an einem anderen mit nord-, am nächsten mit südamerikanischen Geschäftspartnern. 

3. Procurement ist Menschen 

Diese globale Präsenz bedeutet, mit verschiedenen Menschen in unterschiedlichen Kulturen zu interagieren, was vor allem Sensibilität erfordert. Du musst nicht nur die Märkte verstehen, sondern an vorderster Stelle die Menschen, die in den Märkten agieren. So wie man es von Sales Managerinnen und Managern kennt: Es geht um Angebot und Nachfrage. Es geht um Beziehungen und es geht um Vertrauen. 

Sales Managerinnen und Manager brauchen ein Gegenüber im Einkauf, mit dem sie gerne zusammenarbeiten und dem sie Produkte verkaufen. Es ist wirklich erstaunlich, wie tief verwurzelt manche Partnerschaften sind und was mit einem vertrauten Lieferanten erreicht werden kann. Wir als Evonik kaufen ein, aber wir verkaufen auch. Deshalb sind Kommunikation, Vertrauen und Partnerschaft zwischen Lieferanten und Einkauf eine wesentliche Zutat für ein erfolgreiches Geschäft. 

4. Procurement ist Daten 

2017 veröffentlichte The Economist einen Artikel mit dem Titel "Die wertvollste Ressource der Welt ist nicht mehr Öl, sondern Daten.“ Das ist sehr wahr und gilt auch für die Beschaffung: Wenn wir Daten nicht aktiv managen, haben wir ein großes Problem. Allein die Verwaltung von mehr als 20.000 Materialnummern bei Evonik weltweit spricht für sich. 

Beim Thema Digitalisierung ist Evonik Procurement Vorreiter: Wir nutzen speziell entwickelte Software zur Bewertung und Analyse von z.B. Materialflussprozessen. Wir bewerten das Risiko für Evonik basierend auf der Zahl der Geschäftsbereiche, die alle ein spezifisches Rohmaterial zur Herstellung ihrer Produkte benötigen. Wie hoch ist das Margen-Risiko? Wir benutzen eine Datenbank mit einem Modell zur Nachverfolgung von Material von der „Wiege bis zur Bahre“, um Resilienz bewerten zu können. Wir können den Einkauf nicht von der Supply Chain trennen – sie sind vollständig miteinander verflochten. 

Und natürlich verwenden wir durch künstliche Intelligenz (KI) gestützte Anwendungen. KI revolutioniert unsere Forecasts bzw. Zukunftsplanung. Der Mangel an verfügbaren Informationen in bestimmten Bereichen ist hier eine unserer größten Herausforderungen. Ein wesentlicher Teil der Verwendung von KI besteht derzeit darin, sie zu trainieren, indem sie mit Daten gespeist wird. KI-Anwendungen helfen uns, die Marktnachfrage und -entwicklung in der Zukunft besser zu verstehen, zu planen und zu antizipieren. So sind wir nicht nur maximal flexibel, sondern bereiten uns auf kommende Veränderungen vor, bevor diese Realität werden.  

5. Procurement ist Resilienz 

Eine der schwierigsten Aufgaben in der anhaltenden Pandemie war die Sicherstellung der Rohstoffversorgung. Stellt Euch mal all die Wege vor, auf denen unsere Produkte und Materialien in Dinge einfließen, die wir alle täglich verwenden. Eine Unterbrechung der Versorgungsketten hätte drastische Konsequenzen in vielen Bereichen des alltäglichen Lebens. Wir müssen also Wege finden, die Rohstoffversorgung während eines Lockdowns sicherzustellen, wobei sich die Situation in verschiedenen Märkten von Tag zu Tag ändern kann. Ein Beispiel: Ein Land, das für 80% unserer Versorgung eines Rohstoffs verantwortlich war, befand sich für 3-4 Wochen im Lockdown. Das sind Momente, in denen sich Resilienzstrategien und Fähigkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wirklich auszahlen. Ich bin sehr stolz darauf, sagen zu können, dass es uns an den meisten unserer Produktionsstandorte gelungen ist, während der gesamten Pandemie weitermachen zu können, ohne dass die Produktion aufgrund knapper Rohstoffversorgung eingestellt wurde. Zusammen mit Logistik und Supply Chain war dies ein enormer Kraftakt. 

 6. Procurement integriert sich  

Über die Zeit sehen wir eine kontinuierliche, immer stärkere Integration von Procurement in verschiedene Geschäftsfunktionen wie Supply Chain, Marketing & Vertrieb und EHSQ. Nur mit mehr Transparenz und höherer Geschwindigkeit können wir einen echten Mehrwert schaffen. Aus diesem Grund sind wir immer von Anfang an wichtiger Teil der verschiedensten Geschäftsaktivitäten, auch wenn diese auf der Vertriebs- und Planungsseite starten. So sehen wir, in welche Richtung sich der Bedarf des Unternehmens entwickelt, wann und wo wichtige Rohstoffe bereitgestellt werden müssen, wo und wie diese Integration für das gesamte Unternehmen die größten Synergien ermöglicht und am profitabelsten ist. 

Systeme, Tools, schnellere Informationen – all dies ist Teil der Weiterentwicklung der Beschaffung, die sich letztendlich auch auf die Anforderungen an neue Talente auswirkt. Für eine erfolgreiche Entwicklung brauchen wir eine neue Generation von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - wir brauchen Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten, insbesondere digitalen Fähigkeiten. 

7. Procurement ist Veränderung & Herausforderung 

Beschaffung ist eine Achterbahnfahrt. Mit den aktuellen Geschäftstrends und Marktentwicklungen Schritt zu halten, ist eine hochdynamische Herausforderung. Procurement ist eine Schlüsselfunktion im Unternehmen und integraler Bestandteil aller wichtigen Innovationen. Allein in den letzten fünf Jahren haben wir den Einkauf und die Teams von vier verschiedenen Akquisitionen (Air Products, Huber, Peroxychem, Dr. Straetmans) integriert und gleichzeitig die Beschaffungsanforderungen konsolidiert. Wir haben auch eine wichtige Rolle bei der Veräußerung von Roehm gespielt. Selbst jetzt, während wir sprechen, laufen Aktivitäten für beide Seiten des Merger & Acquisition-Prozesses (Baby Care, Porocel). 

Wir befinden uns derzeit an einem Scheideweg, an dem der Druck zunimmt, über das Traditionelle hinauszugehen und das Geschäft aktiv mitzugestalten. Wir brauchen Menschen, die bereit sind, sich zu entwickeln. Menschen, die sich nicht nur auf einmalige, sondern auf nachhaltige Ergebnisse konzentrieren. Wir fördern Menschen, die Dinge jeden Tag ein bisschen besser machen. Das bedeutet, dass wir jeden Tag einen Beitrag leisten, nicht nur zum Geschäft, sondern auch zur persönlichen Entwicklung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.